Englische „High Church Music" in Kloster Eberbach Drucken

Großer Erfolg für Bach-Chor Siegen und Kölner Kammerorchester im Kloster Eberbach

Bach-Chor Siegen und Kölner Kammerorchester 2012 im Kloster EberbachZum Rheingau Musik-Festival – einem der bedeutendsten Festivals in Europa – wurde in diesem Sommer wiederum Ulrich Stötzel mit seinem Bach-Chor Siegen eingeladen, gemeinsam mit dem Kölner Kammerorchester ein Konzert in der beeindruckenden Klosterbasilika Eberbach zu gestalten. Dieses Konzert wurde vom Deutschlandfunk mitgeschnitten. Mit Händels „Dettinger Te Deum" und John Rutters „Magnificat" wurde dieses Mal ein außergewöhnliches und kontrastreiches Programm, ganz in der englischen „High Church Tradition", dargeboten. So wurde in dem bis auf den letzten Platz besetzten riesigen romanischen Kirchenraum einerseits große barocke Klangpracht, andererseits viel rhythmische Verve entfaltet.

Ist Händels Musik sowohl Ausführenden als auch dem Publikum recht vertraut, so war es absolut keine Selbstverständlichkeit John Rutters zwischen Klassischem und Populärem changierenden Musik bei diesem Festival zur Aufführung zu bringen. Letztendlich überzeugte den Veranstalter gewiss die mittlerweile hohe Reputation des Komponisten mit seiner Musik als auch die differenzierte und spannungsgeladene Umsetzung des Lobgesangs der Maria. Klänge, welche die lateinamerikanische Marienverehrung widerspiegeln, anspruchsvolle, dem Jazz entliehene Harmonien und Rhythmen, gregorianische Traditionen, Fugen und eine Harmonik, die von einfacher Dreiklangstonalität über impressionistische Ganztonchromatik bis hin zu moderner Clusterbildung reicht, werden hier zu einer großen Einheit geformt.

Insbesondere vom Chor wurde hinsichtlich der unterschiedlichen technischen Anforderungen in beiden Werken ein hohes Maß an Flexibilität verlangt. Schon die Probenarbeit musste ganz auf diese Problematik angelegt werden. Lag der Schwerpunkt bei Händel in der Ausarbeitung der nötigen Transparenz in den Koloraturen, so verlangte Rutters Musik klare rhythmische Akzentuierung, dynamische Extreme und ein hohes Maß an Klangsinn – auch in liturgisch einstimmigen Partien. Bei Händels Werk stellt sich an mehreren Stellen die Frage nach einer solistischen oder chorischen Umsetzung. Ulrich Stötzel ging hier einen ganz pragmatischen Weg, der vornehmlich dem Affekt nachspürte. So entfalteten manche ein- bis zweistimmige Passagen chorisch gesungen eine unglaublich intensive Wirkung (s. Ende von Satz Nr. 10 „We therefore pray thee..."). Auch das Kölner Kammerorchester, welches sich ganz authentischer Spielweise auf modernen Instrumenten verschrieben hat, ließ sich mit seinem Konzertmeister Florian Geldsetzer höchst niveauvoll auf die jedem Werk eigenen Anforderungen ein – allein schon in der Handhabung von Bogentechnik und des Vibratos.

Letztendlich zahlte sich die Gegenüberstellung beider so charaktervollen Kompositionen dank intensiver und differenzierter Erarbeitung aus: Das Publikum belohnte alle Mitwirkenden mit „standing ovations".

Petra Böer
25.09.2012