Peter Heeren: Der Gebrauch des Lebens Drucken

Vorgestellt von Hans Gebhard:

Ode von Anakreon als Textvorlage für ein ergänzendes Werk zum Mozart-Requiem

Thumbnail imageAls der Chorleiter Norbert Klose für eine Aufführung des Mozart-Requiems 2006 noch ein passendes, das Programm ergänzendes Werk suchte, bat er den schleswig-holsteinischen Komponisten Peter Heeren um die Komposition eines dafür geeigneten Stückes. Heeren wählte einen zum Requiem kontrastierenden Text aus, nämlich die 4. Ode des griechischen Dichters Anakreon, "Vom Gebrauch des Lebens", in der Übersetzung des Berliner Dichters und Philosophen Karl Wilhelm Ramler (1725-1798), der seinerzeit "deutscher Horaz" genannt wurde. Der Text beschwört und besingt die Freude am Leben angesichts des schließlich unabwendbaren Endes durch den Tod.

Heeren versucht auf zweierlei Art, ein Band zwischen Mozarts Requiem und Anakreons Ode zu knüpfen. Zum ersten entspricht die Instrumental- und die Vokalbesetzung genau der des Requiems, zum andern will er Mozarts bekannte Freude an den Lebensgenüssen aufleuchten lassen.
Die musikalische Sprache ist an der Grenze der tonalen Harmonik angesiedelt und bei allen gelegentlichen durch den Text ausgelösten Härten immer logisch und beim Hören nachvollziehbar. Die Instrumentierung ist vielfarbig und schöpft die Möglichkeiten der Instrumente voll aus. Zum Beispiel winden sich am Anfang zum Sologesang ("Hier im Schatten junger Myrthen") Klarinettensoli wie Bäume über ostinaten Streicherfiguren empor. Der Chorsatz ist meist kontrapunktisch gehalten. Fugen und Kanons spielen eine große Rolle, letztere sollen auch ein Abbild des Todesreigens darstellen. Einen großen Teil des 22 Minuten dauernden Werkes nimmt der Schlusstext "Amor, eh ich mich dort unten in den Tanz der Toten mische, scherz ich Gram und Unmut von mir". In ekstatisch überbordendem Jubel, durch prägnante Melodik, Harmonik, Ostinati und ständigen Taktwechsel bestimmt, deklamiert der Chor in immer neuen Varianten diesen Text, mehrfach durch aufrüttelnde Orchesterzwischenspiele unterbrochen, und schließt in einem majestätischen Unisono, nach dessen Abbrechen die Streicher in hochgelegenen glitzernden Pianissimo-glissando-Arpeggien - sozusagen mit einem Blick ins Jenseits - das Werk beenden.

"Der Gebrauch des Lebens" gelangte zusammen mit Mozarts Requiem am 18. November 2006 in der Kirche von Hohenwestedt unter der Leitung von Norbert Klose zur Uraufführung. Am 28. August 2010 fand eine dritte Aufführung in der Marktkirche von Hamburg-Poppenbüttel statt, die von den zahlreichen Hörern begeistert aufgenommen und in der Presse sehr gewürdigt wurde.

Das Aufführungsmaterial ist im Hayo-Verlag (www.hayo-music.de) erschienen. Eine Ansichtspartitur steht in der VDKC-Bibliothek zur Verfügung.

Hans Gebhard
26.10.2010
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