60 Jahre Neuer Chor Dresden Drucken

Musikalischer Brückenbauer und ambitioniertes Ensemble

Thumbnail imageSo ganz „neu“ ist er ja nicht mehr im 61. Jahr seines Bestehens, der Neue Chor Dresden. 1957 aber war ein neuer Laienchor in der damaligen DDR noch eine echte Novität. Wie sehr die Menschen nach dem Krieg nach Frohsinn lechzen, wird deutlich, als der Berliner Rundfunk zu einem Sängerwettstreit in Dresden aufruft: die rechte gegen die linke Elbseite. Die Resonanz ist so überwältigend, dass spontan ein „Neuer Chor” entsteht. Unter der 40 Jahre währenden Leitung von Manfred Winter reift der Neue Chor Dresden zu einem der renommiertesten Laienchöre der Stadt, der auch vor anspruchsvollen Werken nicht zurückschreckt.

2003 übernimmt mit Axel Langmann (46) abermals ein ehemaliger Kruzianer die künstlerische Leitung. Langmann führt Bewährtes weiter, betritt aber auch Neuland, indem er den musikalischen Horizont um Gospel erweitert und einen Schwerpunkt auf chorsinfonische Werke legt. Unter seiner Leitung entwickelt sich der Neue Chor Dresden zu einem ambitionierten Ensemble, das Inspiration auch in der großen weiten Chorwelt sucht und regelmäßig internationale Chöre nach Dresden bringt. Brücken bauen mit Musik, statt nur im eigenen Saft zu schmoren. Der Charme des Ungewöhnlichen, des Fremdsprachigen, reizen nicht nur Langmann, sondern auch die etwa 90 aktiven Sängerinnen und Sänger.

So bilden die Aufführungen der „Misa Criolla“, der auf Spanisch verfassten kreolischen Volksmesse des argentinischen Komponisten Ariel Ramírez 2014 und 2017 viel beachtete künstlerische Höhepunkte. Beide Male lädt sich der „Neue Chor” Verstärkung in Gestalt des bolivianischen Ensembles Canto Sur nach Dresden ein, das das Publikum in die Kultur der indigenen Bevölkerung des südamerikanischen Landes entführt.

Im Jahr zuvor gastieren mit dem Amaan Choir und dem Chor der Nationaluniversität Kiew Chöre aus Jordanien und der Ukraine auf Einladung des Neuen Chores in Dresden, wobei sich die Choristen an der betörenden Schönheit arabischer Liedkunst versuchen dürfen.

Immer steht dabei auch der Kontakt zwischen den Musikern unterschiedlicher Kulturen im Vordergrund. So übernachten die weitgereisten Gäste stets bei Mitgliedern des Neuen Chores, man isst, feiert und unternimmt Dinge gemeinsam. Solch herzliche Gastfreundschaft trägt Früchte: Für Himmelfahrt 2018 hat der Chor der Ukrainischen Nationaluniversität den Neuen Chor für eine Konzertreise nach Kiew eingeladen.

Thumbnail imageNeben dem Blick über den Tellerrand bleibt der Neue Chor Dresden aber auch der klassischen deutschen Chormusik treu – immerhin hat man mit Axel Langmann einen gelernten Komponisten in den eigenen Reihen. Bereits mehrfach hat der „Neue Chor” Eigenkompositionen Langmanns uraufgeführt. So auch wieder zum 60. Jubiläum: Im Oktober 2017 stand für die Choristen in der Dresdner Lukaskirche das Jubiläumskonzert mit der Erzgebirgischen Philharmonie Aue und der jungen Sopranistin Viktoria Wilson auf dem Programm. Vor 300 Zuhörern kam neben den Psalmen 42 („Der Hirsch“) und 98 („Singet dem Herrn ein neues Lied“) von Felix Mendelssohn Bartholdy auch das chorsinfonische Werk „Was bist du, Wort?“ zur Aufführung, für das Axel Langmann Texte aus der Bibel sowie des Dresdner Liedermachers Matthias Trommler vertont hat. „Es ist natürlich das Größte für jeden Komponisten, das eigene Stück in Klang zu erleben”, bekennt Langmann. Für die Sängerinnen und Sänger besteht die Herausforderung derweil vor allem darin, sich in die Gefühls- und Gedankenwelt ihres Chorleiters hineinzufühlen, um dem Stück Seele einzuhauchen. In der Lukaskirche gelang dies so gut, dass die Zuschauer minutenlang Applaus spendeten.

Jane Jannke, Neuer Chor Dresden
29.11.2017