Gemeinsame Erinnerungen zum 60-jährigen Chorbestehen der Singakademie Potsdam Drucken

Harmonische Abwechslung am Dirigentenpult

Die drei Dirigenten des Abends: Thomas Hennig, Horst Müller, Edgar HykelEin anregender Einfall: Noch während sich im Potsdamer Nikolai-Saal für das Festkonzert zum 60-jährigen Bestehen der Singakademie die Sitzplätze füllten, konnten die Besucher eine Diashow verfolgen mit Bildern aus einer reichen Vergangenheit, und so fand sich auch mancher nicht mehr Aktive überrascht auf der Leinwand wieder. Vielfältige Erinnerungen wurden wach und lebendig kommentiert.

Seit Horst Müller 1957 den Chor übernahm, ist die Singakademie Potsdam mit nur drei Dirigenten ausgekommen, wobei Müller mit mehr als 45 Jahren den Löwenanteil hatte. Ursula Müller, die gute Seele in der Geschäftsführung, und ihr Mann haben die Singakademie in diesen Jahrzehnten einer höchst wechselvollen Geschichte, Mauerfall und organisatorischer Umbruch eingeschlossen, treu gehütet. Sie können so manche Abenteuer aller Art schildern: Unvorstellbar, welche List den Behörden gegenüber nötig war, wenn man in der früheren DDR die Einstudierung geistlicher Kompositionen in Angriff nehmen wollte. Mit berechtigtem Stolz präsentieren sie daheim eine imponierende Landkarte, auf der die zahlreichen internationalen Konzertreisen verzeichnet sind.

In beispielhafter Eintracht griff an diesem Abend ein jeder der drei musikalischen Leiter zum Taktstock. Zunächst knüpfte Horst Müller an seine erste große Einstudierung eines chorsinfonischen Werkes an: Joseph Haydns Jahreszeiten, daraus gab es zum Ausklang eines strahlenden Oktobertages den Herbst. Souverän und mit der Gelassenheit des Altmeisters entfaltete Müller „seinen" Haydn mit spürbarem Behagen, die wohltrainierten Chorsänger und die sehr kooperativen Brandenburger Symphoniker ließen sich bereitwillig zu einer flotten Jagd mitreißen, und das Lob des Weines erklang angemessen, wie von Haydn intendiert, „aus vollem Halse". „Schmeichelnd hold" begannen die Potsdamer Sänger ihren Part in Ludwig van Beethovens Chorfantasie und steigerten sich dann zielstrebig unter der Stabführung von Thomas Hennig, dem musikalischen Leiter seit 2010, zu einem rauschenden Finaljubel. Der imponierende Konzertabend erreichte seinen Höhepunkt mit John Rutters „Magnificat". Edgar Hykel, der neben seiner Tätigkeit als Chordirektor des Opernhauses in Nürnberg von 2003 bis 2010 die Singakademie betreute, stürzte sich mit äußerstem Engagement in dieses populäre, aber zuweilen ganz schön vertrackte Marienlob aus dem Jahre 1990 und bescherte dem Auditorium im Bunde mit der zauberhaften Sopranistin Christine Wolff ein hinreißendes Erlebnis.

Theo Römer
29.01.2013