Umfrage: „Verwaltung im Chor: Brieftaube oder E-Mail?“ |
Auswertung, Ergebnisse, FazitUnter diesem leicht provokativ gestellten Titel „Verwaltung im Chor: Brieftaube oder E-Mail?“ erbat der Verband Deutscher KonzertChöre im März 2019 von seinen Mitgliedschören Antworten zu der spannenden Frage, welche Verwaltungssoftware im Chor verwendet wird und durch wen und wie viele Personen die Verwaltung organisiert ist. Da sich in den letzten Jahren der Bereich für elektronische Kommunikation extrem verändert hat, ist dies in der Tat ein Thema, das alle angeht. Es lag also auf der Hand, direkt bei den Chören nachzufragen. Die Ergebnisse der Umfrage geben interessante Überblicke über die Vereinsorganisation im Bereich deutscher Konzertchöre. Der Fragebogen Die Auswertung In den an der Umfrage beteiligten 104 Chören singen 6.798 Sängerinnen und Sänger, durchschnittlich 65,36 pro Chor. Im Vergleich zu den VDKC-Chören – der aktuelle Durchschnitt liegt hier bei 55,21 pro Chor – handelt es sich also vorwiegend um größere Chöre. „I. Mitgliederverwaltung“ Die überwiegende Mehrheit der Chöre regelt den Bereich der Mitgliederverwaltung intern. Nur ein kleiner Teil beauftragt damit externe Dienstleister.
Bei speziellen Softwareprogrammen ist erstaunlich, wie viele Produkte auf dem Markt sind. Hier ist die Entscheidung nach individuellen Aspekten vorrangig. Es lassen sich also nur subjektive Einschätzungen und Tendenzen wiedergeben. Die Chöre mit zusätzlicher Software haben durchschnittlich 74,74 Mitglieder; es handelt sich also eindeutig vor allem um die größer besetzten Chöre. Wer sich einmal für ein Programm entschieden hat, ist in der Regel damit auch „zufrieden“ bis „sehr zufrieden“. Besonders unter dem Aspekt der Effizienz kommen diese Bewertungen zustande. Je größer der Verein, desto komplexer ist die Programmleistung. Zufriedenheitsbewertungen wie „mittel“, „mäßig“, „funktioniert gut“, „zufrieden“, „könnte optimiert werden“ oder „ausreichend für die Vereinsgröße“ zeigen, dass es bei Office-Programmen vor allem darauf ankommt, sich zunächst einmal selbst Listen, Abfragen und Anwendungen zu konstruieren, die dann allerdings auch zuverlässig funktionieren, solange die eingearbeitete Person allein damit umgeht. Vor allem kleine Chöre (bis 40 Mitglieder) geben an, hier für ihre Bedürfnisse völlig ausreichende Anwendungen zu finden. Abgesehen von 6%, die keine Angaben gemacht haben, überwiegen die Softwareprogramme, die fest auf einem Computer installiert sind. Lediglich 14 Prozent der Chöre vertrauen internetbasierten Programmen und Apps. „II. Finanzverwaltung“
42 Chöre nutzen für die Finanzverwaltung MS Office und zeigen sich damit überwiegend zufrieden. Die Zufriedenheit ist im Verhältnis zur Mitgliederanzahl zu sehen. Kleinere Chöre sind eher zufrieden als größere. 49 Chöre – und damit deutlich mehr als im Bereich der Mitgliederverwaltung – nutzen spezielle Software, darunter drei Programme, die nicht mehr auf dem Markt sind. Drei Programme sind kircheneigene bzw. städtische Software. Obwohl dieser Bereich bereits sehr fachspezifisch ist (Finanzen, Steuern, Recht, Buchhaltung), wird auch er hauptsächlich von den eigenen Mitgliedern des Chores ausgeführt. Sieben Nutzer haben angegeben, den Bereich von einem Dienstleister ausführen zu lassen. Häufig scheinen die benötigten Kompetenzen jedoch auch im Chor vertreten zu sein (Buchhalter, Steuerberater). Besondere Verbreitung hat das Programm der Sparkassen (SPG), wobei die Zufriedenheitsbewertungen eher auf der unteren Skala angesiedelt sind. Häufig wurde auch „Lexware“ genannt, besonders bei Mitgliedergrößen zwischen 40 und 80. Die Bewertungen hierfür liegen alle im Mittelfeld. Anscheinend ist das Programm für sich alleine jedoch nur in der vollständigen Programmversion problemlos nutzbar. Weniger umfangreiche Programmversionen sind nur in Kombination mit weiteren individuellen Programmen (Quicken, StarMoney, Elster) ausreichend. Allgemein lässt sich einschätzen, dass der überwiegende Teil der Nutzer sehr zufrieden mit den Programmen ist, allerdings wurde gelegentlich auf die Höhe der Anschaffungskosten hingewiesen. „III. Archivierung“ Gemessen an der Wichtigkeit dieser Aufgabe, lässt die Auswertung der Antworten vor allem den Schluss zu, dass sich Chöre mit diesem Bereich noch verhältnismäßig vage auseinandersetzen. Dabei tritt bei manchen Chören eine gewisse Skepsis gegenüber elektronischen Medien zu Tage. So archivieren 8 Chöre ausschließlich analog und lehnen die Verwendung von Speichermedien auf dem PC ab. 29 Chöre hingegen gaben an, lediglich ihre eigene Internetpräsenz zu Archivierungszwecken zu nutzen. 27 Chöre verweisen auf die Nutzung der MS Office-Programme. Bei vielen Chören scheint noch wenig Bewusstsein für Archivierung ausgeprägt zu sein. So konnten 36 Antworten der Umfrage – und damit der größte Teil dieses Bereiches – nicht direkt ausgewertet werden. Angaben wie „keine Ahnung“, „keine“, „- - -“ oder „diverse“ zeugen von einem großen Nachholbedarf bei den Verantwortlichen. Oftmals wird darauf verwiesen, dass im Chorleben aktuelle Aufgaben – die Vorbereitung des nächsten Konzertes, die Mitgliederverwaltung, finanzielle Übersicht – so viel Raum einnehmen und das ehrenamtliche Engagement ausreizen, dass kaum noch personelle Kapazitäten für weitere und weniger dringlich erscheinende Aufgaben übrigbleiben. Erschwerend kommt hinzu, dass Softwareprogramme zur Archivierung nur in sehr eingeschränkter Form verfügbar und meist nur für hoch spezialisierte Anwendungen konstruiert sind. „IV. Datensicherung“ Dabei stellte sich heraus, dass wie auch bei der „Archivierung“ die Kapazitäten eher sparsam verfügbar sind. Zudem entstand der Eindruck, dass hierbei nicht sonderlich effizient gearbeitet wird. Dass dies auch mit einer Skepsis gegenüber der digitalen Welt und dem sensiblen Umgang mit persönlichen Daten begründbar ist, legte ein Teil der Antworten nahe. Der Hinweis auf sichere Passwörter und auf ein bodenständiges Vertrauen in die Seriosität der genutzten Programme wurde mehrfach angesprochen. 22 Chöre nutzen für den Bereich die Programme von MS Office. Dabei fielen jedoch auch Bezeichnungen wie „altmodisch“ oder „althergebracht“. 11 Chöre arbeiten mit USB-Sticks und externen Festplatten als Speichermedium. 35 Chöre verwenden Backup-Programme zur Datensicherung und äußern sich überwiegend zufrieden mit der Leistungsfähigkeit. Die meisten Antworten jedoch – immerhin 40 – ließen keine direkten Rückschlüsse auf die Ausgestaltung der Datensicherung zu. Diese hohe Zahl ist umso erstaunlicher, als dass die Vielfalt der Programme auf dem Markt beachtlich ist. Es scheint so, dass Chöre Investitionen in diesen Bereich eher als weniger notwendig erachten. Personelle Besetzung: Die Beauftragung von Dritten als Dienstleister ist für wenige Chöre attraktiv. Die seltene Fremdvergabe (7 Chöre) findet jedoch noch den höchsten Zuspruch in der „Finanzverwaltung“, eventuell, weil dieser Bereich zum einen sehr gut für sich abgrenzbar ist, zum anderen weil die Auswirkungen bei falscher oder gar fahrlässiger Ausführung gravierend sein können. Die „Mitgliederverwaltung“ hingegen wird als der Bereich angesehen, der am leichtesten in der Selbstverwaltung funktioniert (lediglich 4 Chöre nutzen hierbei externe Mitarbeit). Rückschlüsse: Die Fülle an angebotenen Softwareprodukten stellt potentielle NutzerInnen vor Herausforderungen: Abschreckend für die Anschaffung spezieller Software sind vor allem ein hoher Preis und ein hoher Leistungsumfang, der oftmals als zu komplex für die Chorgröße verstanden wird. Es erfordert daher viel Bereitschaft und Zeit, sich in umfangreiche Programme einzuarbeiten. Webbasierte Programme erlauben den gleichzeitigen und unabhängigen Zugriff verschiedener Personen auf Inhalte, die den jeweils aktuellen Stand wiedergeben. In einer immer stärker auf Digitalisierung ausgerichteten Welt wird es immer wichtiger für einen Chor, dass seine Sängerinnen und Sänger auch via PC oder Smartphone von überall auf diesen aktuellen Stand der Chorplanungen zugreifen können. Daher ist es ebenso wichtig, auf einfache Weise Zugriffsrechte zu steuern und alte Stände wieder zu rekonstruieren. Von Interesse sind daher Systeme, die die Planung von Terminen, Proben und Konzerten, Repertoire, Fristen, Beteiligung sowie die Erfassung der Lernstände, Verwaltungs- und Archivierungsmöglichkeiten wie die Verfügbarkeit von Konzertprogrammen etc. erlauben. Die Einrichtung von internen Bereichen in der Internetpräsenz des Chores, in dem Interna, Protokolle, Fotos, Mitgliederlisten, wichtige Infos, Downloads verwaltet werden, erlangt immer mehr Bedeutung. Deutlich geworden ist, dass die Nutzung jedweder Programme mit Risiken behaftet ist, die sich nicht allein aus den Anschaffungskosten, sondern auch aus dem zeitlichen Investment, dem erhofften Nutzen und der technischen Verfügbarkeit ableiten. Daher muss sich jeder Chor die Frage stellen, ab wie vielen Mitgliedern oder Veranstaltungen sich die Anschaffung und Einarbeitung eines Programmes zur Chorverwaltung lohnt. Fazit: Spezielle Softwareprogramme erfordern zunächst eine intensive Einarbeitungszeit, ermöglichen dann aber eine hohe Spezialisierung und Effizienz in allem. Besonders in den Bereichen Finanzen/Recht/Steuern/Buchhaltung wird dies von den Chören geschätzt und genutzt. Kritisch anzumerken ist hier das bestehende Risiko der Abhängigkeit vom Hersteller, der durch die Konkurrenzsituation auf dem Markt keine Kontinuität gewährleisten kann. Mitunter kostenpflichtige Produkterneuerungen (Updates) und Produkterweiterungen (Bausteine, Schnittstellen, Support) oder gar die Kompletteinstellung des Produktes sind Unwägbarkeiten, die bereits bei der Anschaffung beachtet werden sollten. Die Bereitschaft, sich ähnlich intensiv mit „Archivierung“ und „Datensicherung“ zu befassen, wie mit der „Mitgliederverwaltung“ und den Finanzen, ist nicht bei allen Chören ausgeprägt. Beide Bereiche verdienen jedoch mehr Beachtung, da sie zum Selbstverständnis des Chores gehören und seine Geschichte und Arbeitsweise dokumentieren. Sie sind insofern ein wesentliches Mittel, um den Chor nach außen hin darzustellen. Auch die interne Bedeutung ist enorm. Bei sorgfältiger Anwendung lassen sich aus Zahlen, Daten und Dokumenten statistische Erhebungen und Rückschlüsse jeglicher Art ziehen, die ein wichtiges Evaluationsmittel für den Chor bilden. Es empfiehlt sich auch hier auf Effizienz, Übersichtlichkeit und Transparenz zu setzen und zeitgemäß zu denken. Die Tatsache, dass lediglich 14% der Nutzergruppen webbasierter Softwareprogramme verwenden, zeigt eine gewisse Skepsis gegenüber Internetanwendungen. Solange die Nutzung dieser Systeme im Einklang mit der Europäischen Datenschutzgrundverordnung steht und gute Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden, ist die Arbeitsweise an sich jedoch sehr effizient. Ziel der Umfrage war es auch, eine Sensibilisierung der Verantwortlichen für dieses Thema zu erreichen. Die weitere kritische Auseinandersetzung, in der Arbeitsprozesse überdacht und gegebenenfalls Änderungswünsche vorgenommen werden, ist somit angestoßen. Konkret genannte Empfehlungen von Chören für Chöre:
Salome Martin, Katrin Petlusch, Ralf Schöne, VDKC
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