Gelungener Abschluss des VDKC-Projektes „Kleine Schritte – große Wirkung“ Drucken

„Wer Menschen gewinnen will, muss sie begeistern und mitnehmen“

In der zweiten Projektphase bot das VDKC Projekt „Kleine Schritte – große Wirkung“ drei ausgewählten Chören aus dem ländlichen Umfeld die Gelegenheit, die in den vorangegangenen Webinaren erfahrenen Inhalte in eigenen Veranstaltungen vor Ort direkt in die Praxis umzusetzen. Dabei galt: Wer Menschen gewinnen will, muss sie begeistern und mitnehmen. Wie das dem Konzertchor Wirges, dem Oratorienchor Wangen und dem Chor Carpe Sonum Hilchenbach gelungen ist, erfahren Sie hier.

Thumbnail imageKonzertchor Wirges: Grenzen aufheben, gemeinsam musizieren!

Ganz in diesem Sinne hatte der Konzertchor Wirges im Rahmen des Vorhabens zu einem Werkstattkonzert am 17.09.2023 eingeladen. Vorgestellt wurde das Requiem von Fauré, das am 05.11.2023 unter großer öffentlicher Teilnahme in der örtlichen Kirche aufgeführt wurde.

Das erstmals durchgeführte Werkstattkonzert sollte dazu beitragen, den Konzertchor Wirges und sein bevorstehendes Konzert für ein größeres Publikum sichtbar zu machen. Eine nicht geringe Herausforderung für den Chor, da nur wenige Wochen für die Planung und Umsetzung zur Verfügung standen. Entsprechend kontrovers wurde das Anliegen von den Sängerinnen und Sängern des Chores zunächst diskutiert: Wen soll man mit diesem Projekt explizit ansprechen, welche Idee kann in der Kürze der Zeit umgesetzt werden und welche Umsetzung ist der Chor bereit mitzutragen? Schnell wurde klar, dass man die Grenze zwischen Chor und Publikum aufbrechen und die Besucherinnen und Besucher des Werkstattkonzertes in den Chor integrieren wolle. Damit wollte der Chor seinen Zuhörerinnen und Zuhörern einen Perspektivwechsel ermöglichen, der sonst in dieser Intensität während eines Konzertes nicht erlebbar ist, erklärt Alban Scheider, Vorsitzender des Konzertchores Wirges. Darüber hinaus vermittelte der Chorleiter Burkhard Schmitt den kleinen und großen Zuhörerinnen und Zuhörern zwischen den Stücken auf unterhaltsame und zugleich verständliche Weise Wissenswertes über Faurés Requiem.

Am Tag der Werkstattprobe fanden sich viele Interessierte im Probensaal ein. Auf freundliche Einladung des Dirigenten fühlten sich Mütter mit kleinen Kindern, Familien und andere Interessierte ermutigt, zwischen den Sängerinnen und Sängern Platz zu nehmen. Dort lauschten sie während des Requiems gebannt den fachkundigen Erläuterungen des Dirigenten zur Komposition, sangen mit oder hörten einfach nur zu. Über anderthalb Stunden war der Raum erfüllt mit intensiver Konzentration auf die Musik.

Beim anschließenden Austausch beim Brunch war die einhellige Meinung der Besucherinnen und Besucher dieser besonderen Probe, dass man die energetische Ausstrahlung des gemeinsamen Musizierens deutlich gespürt habe und die Schönheit und Emotionalität des Requiems tief in die Herzen eingedrungen sei. Man habe den Trost der menschlichen Zuversicht auf die Ewigkeit förmlich aufgesogen und freue sich nun sehr auf das Konzert selbst. Und man sei sich sicher, dass man das Erlebte mit Begeisterung an Freunde, Familie und Bekannte weitergeben werde. Auch Scheider und Schmitt zeigten sich zufrieden und betonten, dass dies ein gelungener Auftakt für weitere Veranstaltungen dieser Art gewesen sei.

Thumbnail imageOratorienchor Wangen: Fokussierung auf das Wesentliche. Eine Kurzfassung des Oratoriums „Paulus“

Ein breiteres Publikum zu gewinnen, mehr Sichtbarkeit zu erlangen – auch bei eher oratorienfernen Zuhörerinnen und Zuhörern, war das Anliegen des Oratorienchors Wangen mit der Erarbeitung einer Kurzfassung des „Paulus“ von ca. 50 Minuten. In dieser verkürzten Fassung – jeweils den Konzerten mit den Langfassungen vorangestellt – blickt ein professioneller Erzähler als Paulus auf sein Leben, ein weiterer Erzähler als Felix Mendelssohn Bartholdy auf das Werk mit seiner Dramaturgie und musikalischen Umsetzung zurück. Die beiden moderieren Chor, Orchester und Solisten, die wesentliche Stücke/Szenen aus dem Werk darboten. Ziel der Kurzfassung „Sag mal, wer ist Paulus?“ war es, junge und auch ältere Menschen auf spannende und unterhaltsame Weise an das große Oratorium heranzuführen, Hemmschwellen abzubauen und für die Musik zu begeistern.

Aus diesem Grund fand vorab am 29.09.23 eine nochmals gekürzte Aufführung der Kurzfassung „Sag mal, wer ist Paulus“ im Seniorenwohnpark Wangen statt. 15 Sänger und Sängerinnen sangen Ausschnitte aus dem Paulus-Oratorium, der Vorsänger erzählte die Geschichte von Paulus' Erblindung und seiner Bekehrung. An die Seniorinnen und Senioren wurden im Anschluss Postkarten verteilt, die Konfirmandinnen und Konfirmanden mit Bibelzitaten gestaltet hatten. Für den späteren Hin- und Rücktransport der Seniorenparkbewohner*innen zum Konzert wurde eigens ein Shuttle-Taxi bereitgestellt.

Der große Erfolg der Konzerte am 21. und 22.10.2023 war der Lohn für das enorme Engagement der Sängerinnen und Sänger. Das Publikum bei den Aufführungen war so bunt gemischt wie noch nie: von jung bis alt, von oratoriumserfahrenen bis zu absoluten Neulingen. Auf Rückfrage gaben viele an, zuerst die Kurzfassung und am nächsten Tag die Langfassung gehört zu haben oder sogar umgekehrt: Einigen gefiel die Langfassung so gut, dass sie am nächsten Tag noch einmal der Kurzfassung zuhörten. Auffallend war, dass auch viele Kinder, aber auch Jugendliche im „kritischen Alter“ anwesend waren, die sich trauten, die Kurzfassung zu hören. Immerhin gefiel es ihnen so gut, dass sie sich vorstellen können, so etwas noch einmal zu besuchen. Auch die Seniorinnen und Senioren des Seniorenwohnparks nutzten die Kurzversion und den Shuttleservice, um in den Genuss dieses außergewöhnlichen Konzertformats zu kommen, so das Resümee der stellvertretenden Vorsitzenden Anja Strodel.

Das ursprüngliche Ziel, ein neues Publikum zu gewinnen und auch Sichtbarkeit für zukünftige Aufführungen zu etablieren, wurde durch diese Aktionen sehr gut erreicht. Ermutigt durch den zahlreichen Besuch und die Begeisterung nach den Aufführungen werde der Chor in Zukunft Projekte dieser und ähnlicher Art sicher noch häufiger umzusetzen, da sind sich alle einig.

Thumbnail imageCarpe Sonum Hilchenbach: Stimmvolumen und Dynamik gepaart zu großem Klangerlebnis

Das Ensemble Carpe Sonum wurde im Januar 2014 von Chorleiter Jens Schreiber gegründet. 25 hochmotivierte sowie fundiert ausgebildete Sängerinnen und Sänger, bilden diesen Klangkörper. Und das lässt sich hören!

Mit einer Einladung zu einer offenen Probe am 08.09.2023 wollten die Sängerinnen und Sänger nicht nur potenzielle neue Mitglieder werben, sondern auch ihre Unterstützerinnen und Unterstützer zu einem besonderen Abend einladen. Die evangelische Kirche in Hilchenbach diente als Probenort für den Chor, welcher an diesem Abend die „Missa in tempore belli“ einstudierte – eine Messe in Kriegszeiten und ein eindrückliches Plädoyer für den Frieden von Joseph Haydn. Das Werk wurde beim Hilchenbacher Kammermusikfestival am 01.10.2023 aufgeführt. Für den Probenabend hatte sich eine der Sängerinnen intensiv mit Haydn und seiner Messe auseinandergesetzt und trug zwischen den einzelnen Stücken ihre Texte vor.

Der Chor sang mit Freude und Dynamik, insbesondere die gut ausgebildeten Sopranstimmen füllten den Raum mit ihrem lichten Klang. Für die Zuschauerinnen und Zuschauer besonders beeindruckend war Chorleiter Jens Schreiber, der mit seinem energiegeladenen Dirigat für feinste Intonation und Klangfarbe sorgte, dem sich keine Sängerin und kein Sänger entziehen konnte.

Es war ein besonders beeindruckendes Erlebnis, diesen Chor bei einer Probe begleiten zu dürfen. Und es mache stolz, einen solchen Chor im eigenen Ort zu haben, so die befragten Hilchenbacher Besucherinnen und Besucher. Sicher ist auch, dass das Hilchenbacher Kammermusikfestival nicht zuletzt wegen des Chores Carpe Sonum bis auf den letzten Platz gefüllt war.

Zum guten Schluss

Der VDKC schließt das Projekt „Kleine Schritte – große Wirkung“ mit dem guten Gefühl ab, etwas bewegt zu haben, das durch seine Unterstützung und Begleitung vom Kleinen zum Großen wachsen kann. Wir bedanken uns bei den rund 280 Teilnehmenden, die so engagiert an unseren Webinaren teilgenommen haben, sowie bei den drei Chören, die in der Projektphase 2 mit ihrem großartigen und vor allem kreativen Elan die jeweiligen Projekte zu großem Erfolg führen konnten.

Unser Wunsch für die Zukunft ist, dass sich hierdurch noch mehr Chöre unseres Verbandes ermutigt und inspiriert fühlen, diesen Weg mit kleinen Schritten zu mehr Sichtbarkeit, mehr Publikum, mehr finanzieller Förderung und mehr Öffentlichkeit zu gehen.

Für mich persönlich war es ein Gewinn, in der Zusammenarbeit mit den Chören so viele wunderbar engagierte und visionäre Musikerinnen und Musiker kennen und schätzen gelernt zu haben.

Regina Bisping-Spengler
17.11.2023