Kammerchor Leinfelden-Echterdingen zeigt: Tango kann man auch singen! Drucken

„Misa Tango“ von Martìn Palmeri und lateinamerikanische Chormusik begeisterte am 1. Juli 2023

Thumbnail imageDie Idee zur Erarbeitung von südamerikanischer Musik entstand bereits im Oktober 2022. Der Kammerchor Leinfelden-Echterdingen befand sich zu diesem Zeitpunkt in einer großen Produktion mit Verdis berühmtem Requiem. Chorleiter Daniel Joos war der Überzeugung, dass nach der Aufführung eines solchen grandiosen und unvergleichlichen Stückes

eine ganz andere Klangwelt den Chor neu motivieren und begeistern kann. Bei Verdi lag der Fokus der intensiven Chorarbeit insbesondere auf dem speziellen Opernklang, der für Kammerchöre nicht immer ganz leicht zu realisieren ist. Die Arbeit mit südamerikanischer Musik stellt bei entsprechender Wahl der Stücke andere Anforderungen, die die Chorarbeit abwechslungsreich und lebendig halten. So mussten der Chor und der Chorleiter ihren Fokus beispielsweise auf die präzise rhythmische Ausführung der Stücke legen. Im Rahmen der wöchentlichen Chorproben galt es, die Komplexität der Rhythmen methodisch vielfältig einzustudieren. Neu war auch die spezielle Harmonik mit beispielsweise Sept-und Nonakkorden – eine ungewohnte Aufgabe für die Sängerinnen und Sänger des Chores.

Beim Anspruch, die Konzertdisposition des Chores abwechslungsreich und interessant zu gestalten, war die Faszination für Martìn Palmeris „Misa a Buenos Aires“ (Misa Tango) ausschlaggebend für die Programmplanung. Auf den ersten Blick scheint der sinnlichste aller Tänze nicht in einen kirchlichen Kontext zu passen. Der argentinische Komponist Palmeri hat es 1996 dennoch gewagt, den Tango mit dem lateinischen Messtext zu verbinden und damit eine spannende Synthese unterschiedlicher Welten zu schaffen. Ihm gelingt es meisterhaft, die eigentlich unvereinbaren Elemente zu einem stimmigen Gesamtkonzept zu formen. Der mitreißende Rhythmus der Musik und die für den Tango typische Harmonik kommen ebenso zur Geltung, wie traditionelle Formen (z. B. mehrere Fugen) und musikalische Konventionen von Messkompositionen, deren sich Palmeri offensichtlich sehr bewusst ist.

Besonders berührt waren Publikum und Chor vom wirkungsvollen Einsatz des Bandoneons. Dieses für den Tango typische Instrument setzte im Laufe der Messe einige Höhepunkte und versetzte die Zuhörerinnen und Zuhörer durch seinen charakteristischen Klang direkt in eine südamerikanische Szenerie. Norbert Kotzan zeigte sich nicht nur in der „Misa Tango“ als Meister dieses Instruments, sondern überzeugte auch in einigen Solostücken mal mit Streichern oder nur vom Klavier begleitet. Das Publikum würdigte diese außergewöhnliche Leistung durch langanhaltenden Applaus.

Auf dem Programm standen weitere südamerikanische Werke für Chor, besonders bemerkenswert drei traditionelle Stücke von südamerikanischen Indigenen. Das Publikum wirkte zu Beginn des Konzertes überrascht: Der Chor imitierte allerlei Tiergeräusche, stampfte, klatschte und sang im Stil der Karo, einer indigenen Volksgruppe aus Brasilien. Diese Musik wirkte durch den Einsatz von sich ständig wiederholenden Patterns, einer minimalistischen Harmonik und tänzerisch anmutenden Rhythmen archaisch und ungewohnt. Wenngleich der Inhalt der drei Stücke nicht zu identifizieren war, spürte man bei allen eine unnachahmliche Lebensfreude, die sich nach anfänglicher Skepsis auf das Publikum übertrug – so könnte man zumindest das Schmunzeln der Konzertbesucherinnen und Konzertbesucher deuten.

Daniel Joos, Elke Langhammer, Irmi Kampe
15.09.2023

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