Missa Melasurej – Ein Konzert als Aufruf für den interreligiösen Frieden Drucken

Interreligiöser Zyklus nach Palestrinas Missa Papae Marcelli

Thumbnail image„Friede den Fernen und den Nahen…“ - „Möge Er Friede stiften unter uns…“ - „Du bist der Friede und von Dir kommt der Friede…“

Wo sind wir, wenn wir solche Worte hören? In der Messe – in der Synagoge – in der Moschee. Und wovon wird an all diesen Orten gesprochen? Überall vom Selben: Frieden.

Friede war auch das zentrale Thema, das einen Konzertabend in der Marktkirche Hannover durchzog. Auf dem Festival chor.com führten der Kammerchor Vokalwerk Hannover unter der Leitung von Martin Kohlmann und der Mitwirkung von Chormitgliedern des VDKC-Landesverbandes Nordwest gemeinsam mit dem interkulturellen Asambura-Ensemble am späten Abend des 25. September 2021 die Missa Melasurej auf, einen interreligiösen Zyklus nach Palestrinas berühmter Missa Papae Marcelli.

Melasurej – der Titel ist die Spiegelung des Wortes Jerusalem, in der Schreibrichtung des Hebräischen und Arabischen. Jerusalem gilt mit einer Vielzahl von Synagogen, Moscheen und Kirchen als spirituelles Zentrum der drei monotheistischen Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam. Gleichzeitig erinnert Jerusalem als Stadt im politischen Brennpunkt des Nahostkonflikts an Szenen der Gewalt und an die Zerstörungskraft des religiösen Fanatismus.

Die Missa Melasurej setzt sich aus Neukompositionen und Reflexionen über Palestrinas Missa Papae Marcelli zusammen, komponiert von Maximilian Guth, Justus Czaske (Deutschland), Ehsan Ebrahimi (Iran) und Abdulrahim Aljouja (Syrien), alle vier Mitglieder des Asambura-Ensembles, das sich dem interreligiösen Dialog, dem interkulturellen Austausch und dem Brückenbauen zwischen Menschen, Religionen und Gesellschaften verschrieben hat.

Palestrinas Meisterwerk Missa Papae Marcelli aus dem Jahre 1562 ist eines der beeindruckendsten Werke christlicher Kirchenmusik, eine Vertonung der Messtexte, also alter Gebete, Gottesanrufungen und Schriften. Die Missa Melasurej konfrontiert Palestrinas Musik mit der Imitation und Verarbeitung von Musiktraditionen und Textvertonungen aus dem Spektrum des Islam und des Judentums und nutzt als verbindendes Element das Thema Frieden und die Anrufung des gemeinsamen monotheistischen Gottes.

Unter die reinen Chorklänge der Renaissancemusik Palestrinas mischen sich persische Gedichtrezitation und musikalische Verarbeitungen des jüdischen Kaddish-Gebets. Traditionelles Instrumentarium wie persische Santur, Oud und Daff bilden die musikalische Vielfalt des Islam ab. Das Werk beginnt mit vom Chor geflüsterten Gebeten und Gedichten zu den Themen Heimat und Frieden, die sich in verschiedenen Sprachen allmählich im Kirchenraum ausbreiten, eine Umdeutung des „Sprachenwirrwarrs“ in Babylon – hier dem Frieden und nicht der Spaltung und Verwirrung dienend. Instrumental- und Vokalfarben der verschiedenen Traditionen mischen sich zu neuen Klängen, ein enormes farbliches Spektrum im Vokal- und Instrumentalensemble schlägt das Publikum in den Bann. Fünfzig Sekunden Stille nach dem letzten Klang, dann langanhaltender Applaus und begeisterte Rückmeldungen aus dem Publikum. Was auf politischer und gesellschaftlicher Ebene so oft nicht möglich ist, gelingt an diesem Abend im Konzert: Traditionen, Musik, Gebet und Menschen senden eine gemeinsame Botschaft für den Frieden.

Einen Eindruck in Bildern und Ton bekommen Sie unter www.asambura-ensemble.de/missamelasurej.

Kari Günther
08.10.2021