„Wo bist du, Mensch?“ - Uraufführung mit dem Neuen Chor Dresden Drucken

Kantate von Matthias Trommler und Axel Langmann am 13.10.2013 zu erleben

Thumbnail imageNach 2006 (Günter Schwarzes Oratorium „Das Licht der Steine löscht die Nacht“) und 2007 (Kantate „…und kommen weiter von dem Ziel?“ von Axel Langmann) wagt der Neue Chor Dresden auch 2013 mit der Kantate „Wo bist du, Mensch?“ von Matthias Trommler und Axel Langmann wieder eine chorsinfonische Uraufführung. Die Sopranistin Christina Elbe (die den Chor sehr lange als Stimmbildnerin und Assistentin zur Seite stand) konnte als Solistin gewonnen werden,  als Orchester hat die Erzgebirgische Philharmonie Aue ihre Beteiligung zugesagt.

Dass neben dieser Uraufführung mit Brahms‘ „Schicksalslied“ und Mendelssohns „42. Psalm“ auch zwei Werke der deutschen Romantik auf dem Programm stehen, ist durchaus nicht nur als „versöhnliches“ Zugeständnis an das Publikum gedacht sondern erklärt sich ganz aus dem Konzept des Konzertes.

Die Kantate „Wo bist du, Mensch?“ von Matthias Trommler und Axel Langmann gliedert sich in zwei Teile, zwei alttestamentarische Geschichten zu „berühmten“ Sündenfällen (genauso genommen unmittelbare Reaktionen darauf) konfrontieren den Menschen mit sich selbst, mit seinem Tun und Handeln. Adam und Eva, die verbotenerweise vom Baum der Erkenntnis essen, und der Brudermord Kains an Abel sind Auslöser für (textliche und musikalische) Reflexionen, bei denen mehr Fragen als Antworten oder Lösungen im Vordergrund stehen. Dabei sind (wie übrigens in den beiden anderen Werken des Konzertes auch) die angesprochenen Themen aus religiöser Sicht genauso ergiebig wie aus nicht-religiöser. Der zentrale Satz „Wo bist du, Mensch?“ begleitet den Hörer in ein prägnantes Motiv gefasst durch das gesamte Stück.

Wenn wir uns von hier aus chronologisch rückwärts bewegen, dann, weil in den beiden folgenden Werken aus der Zeit der Romantik mögliche (wenn auch nie umfassende) Antworten oder Reaktionen auf die konfrontative Frage „Wo bist du, Mensch?“ gesehen werden können. So alt, wie diese Frage ist, so aktuell ist sie jederzeit (vor einigen Jahren war sie auch Thema des Kirchentages in Deutschland). Was als Antwort betrachtet werden kann, ist nicht nur genauso alt sondern auch genauso aktuell und außerdem sehr vielschichtig.

Im „Schicksalslied“ von Johannes Brahms nach den berühmten Versen von Friedrich Hölderlin kommt der aufbegehrende Mensch zu Wort, der in aufklärerischem Sinne sich und sein Schicksal selbst in die Hand nimmt. Hölderlin lässt seinen Helden (Hyperion) über das selige Glück der Götter und das unbarmherzige Schicksal der leidgeplagten Menschen reflektieren. Brahms zeichnet scharfe Kontraste zwischen der „göttlichen“ und „irdischen“ Welt, nicht ohne dem Text einen „unausgesprochenen“ musikalischen Gedanken mitzugeben: Der Unversöhnlichkeit der Hölderlinschen Verse fügt Brahms eine Schlusspassage an, die jeder für sich persönlich deuten mag.

Im Gegensatz zu Brahms, der die Konfrontation förmlich sucht, ist die Vertonung des 42. Psalms von Felix Mendelssohn Bartholdy von vorn herein auf Versöhnlichkeit orientiert. Nicht das „Schreien des Hirsches“ ist vordergründig in Töne gesetzt, sondern die Seele, die ihren Frieden in Gott sucht und in innerlichen Kämpfen um Vertrauen ringt. Was Mendelssohn gelegentlich vorgeworfen wurde, nämlich dass er zu undramatisch wäre, den Konflikt scheue und die großen, tragischen Tiefen des Gefühls sentimental übertünche, das scheint gerade in diesem Werk und in der Konstellation mit den anderen Stücken des Konzertes eine besonders intensive Leuchtkraft zu bekommen: Noch weit mehr, als es der Text des Psalmdichters auszudrücken vermag, zeigt uns Mendelssohns Musik die Urkraft des Vertrauens auf.

Informationen:
Matthias Trommler und Axel Langmann: „Wo bist du, Mensch?“ (UA), Johannes Brahms: „Schicksalslied“ op. 54, Felix Mendelssohn-Bartholdy:  „Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser“ op. 42 | 13.10.2013, 17.00 Uhr  Lukaskirche Dresden | www.neuerchordresden.de

Neuer Chor Dresden, VDKC
09.09.2013