Unna und Essen sind „very British" – A Proms Night im Frühjahr 2012 Drucken

Musikverein Unna und Universitätschor Essen zelebrieren englische Chormusik

Auftrittsapplaus für Very British in Unna und EssenAlter schützt vor Neugier nicht. Der Chor des Musikvereins Unna wagt sich unter der Leitung von Hermann Kruse immer öfter an Neues und Neuestes aus der englischen und amerikanischen Chorliteratur heran. Mit Kruse, promovierter Musikwissenschaftler, Anglist, Schulmusiker und erfahrener Chordirigent, hat der Chor bereits 2007 ein John-Rutter-Porträtkonzert, 2009 eine Auffführung von Paul McCartneys Oratorium „Ecce cor meum" und 2010 Leonard Bernsteins „Candide" in einer konzertanten Aufführung sowie ein Programm mit Werken von Dan Forrest auf die Bühne gebracht. Nun also im Februar/März 2012 in Anlehnung an die berühmte „Last Night of the Proms", die in der Londoner Royal Albert Hall alljährlich im September als patriotisches Kultereignis zum Mitmachen zelebriert wird, in Essen und Unna „Very British – A Proms Night".

Handzettel zu Very British in Unna und EssenAnlass des Projekts war ein Festkonzert der Universität Duisburg-Essen in der Essener Philharmonie am 6. Februar 2012 zum 25-jährigen Jubiläum des Universitätschores Essen, der ebenfalls von Hermann Kruse geleitet wird. Bereits 2010 hatte man schon einmal bei einem reizvollen musikalischen Projekt zusammengearbeitet und in ausverkauften Häusern musiziert. Nun ergab sich erneut die Gelegenheit zu einer Kooperation.

Mit dem großen Chor von ca.180 Sängerinnen und Sängern konnte man sich an die pompösen, um imperialen Glanz bemühten Chorwerke von Edward Elgar und Hubert Parry heranwagen, die angesichts ihres groß besetzten Orchesterapparats einiges an Klangfülle, aber auch an differenziertem Gestaltungsvermögen verlangen – sonst wirken diese Werke einfach nur platt, von den manchmal arg chauvinistischen Originaltexten einmal ganz abgesehen. Einen reizvollen Kontrast dazu boten in diesem Programm die eher kammermusikalischen Volksliedbearbeitungen von Bob Chilcott und „Love Divine" von Howard Goodall als deutsche Erstaufführung (Goodall ist vor allem durch die Filmmusik zu „Mr. Bean" bekannt). Auch Hubert Parrys „Jerusalem" und ganz am Schluss ein von allen mitgesungenes „Auld Lang Syne" durften in einem „Proms"-Konzert natürlich nicht fehlen – ebenso wenig wie brillante, ambitionierte Orchesterstücke (in diesem Fall die Ouvertüre „Römischer Karneval" von Hector Berlioz und Richard Wagners „Rienzi"-Ouvertüre). Als Zentralwerk des Programms fungierte direkt vor der Pause Beethovens Chorfantasie op. 80.

Zwei der Hauptakteure bei Very British - Dirigent und ModeratorDie große Unbekannte war die Bereitschaft des Publikums, wie bei der Londoner „Last Night" aktiv mitzumachen: Fähnchen zu schwenken, beim Marsch aus „Pomp and Circumstance", der die inoffizielle englischen Nationalhymne „Land of Hope and Glory" enthält, mit Kniebeugen mitzuwippen – und vor allen Dingen lautstark mitzusingen. An beiden Orten gelang es problemlos, das Publikum zu aktivieren, sodass am Ende alle beschwingt nach Hause gingen. Die angeblich so steifen Westfalen standen den universitären Essener Frohnaturen an Eifer in nichts nach... Insgesamt also ein interessanter Ansatz für Chöre, die der manchmal etwas steifen, weihevollen Atmosphäre klassischer Chorkonzerte einmal entgehen wollen, ohne ins Pop- oder Gospel-Repertoire auszuweichen.

Dr. Henning Thies
30.07.2012

Einzelne Stimmen zu diesem Projekt:

„Ich habe selbst einmal ein Konzert in der Albert Hall erlebt, das ähnlich aufgebaut war und habe zum Schluss zur Begeisterung meiner englischen Nachbarn ›Jerusalem‹ und ›Land of Hope and Glory‹ mitsingen dürfen. ... Auch der Hagener GMD Florian Ludwig hat mal ein ähnliches Programm zum Mitsingen gemacht. So waren mein Mann und ich sehr angetan, dass wir so etwas auch in Unna singen durften. Von Anfang an haben die Proben viel Spaß gemacht."

H.B. (Chorsängerin)

„In der Stadthalle war eine tolle, lockere Stimmung, wie ich sie bisher noch nicht erlebt habe (außer in der Essener Philharmonie). Meine anfänglichen Bedenken sind völlig widerlegt worden."

R.E. (Chorsängerin)

„Durch den Hagener Vorläufer vor zwei Jahren mit der Moderation durch Rolf Seelmann-Eggebert war ich schon vorher positiv gestimmt. Im konkreten Unnaer Fall habe ich mich zwischendurch an einigen britisch- ›machtbewussten‹ Textstellen gestoßen. Doch die Heiterkeit, fast Ironie des gesamten Programms hat dazu geführt, dass ich diese Stellen zunehmend als Beispiel für eine vitalisierende patriotische Tradition empfunden habe, die keinem anderen schaden möchte."

U.K. (Chorsänger)

„Ich habe den Musikverein ja gar nicht wiedererkannt. Sonst bringt ihr meistens Klassiker von Mozart, Bach oder Händel in der Katharinenkirche. Toll war zum Beispiel damals der Messias mit Lichtinstallation. Aber jetzt in der Stadthalle, das war so locker und lebendig. Man ist richtig beschwingt da rausgekommen. Und trotzdem ein tolles Niveau. Macht so was ruhig öfter!"

H.F. (langjähriger Zuhörer)

„Bessere Werbung könnt ihr für euch doch gar nicht machen. Man hat richtig gemerkt, mit welcher Begeisterung ihr bei der Sache wart. Das hat die Leute auch zum Mitsingen animiert. Hoffentlich gewinnt ihr durch dieses Konzert viele neue Sänger. Wenn ich Zeit hätte, würde es mir sicher auch Spaß machen, bei euch mitzusingen."

G.T. (Zuhörer)