Diskussion zu positiven Entwicklungen und Herausforderungen in der deutschen Chormusikszene
Im Rahmen des VDKC-Projektes „Chormusik & 4K: Kunst, Komposition, Kulturpolitik, Kreativität 2025“ fand am 10. Mai 2025 im Bauhaus-Museum Weimar die hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion CHORIZONTE zur aktuellen Situation der Chormusik in Deutschland und den übergreifenden Themen Chor, Musik, Bildung und Zukunft statt.
Die Diskussionsveranstaltung lieferte zum einen inhaltliche Impulse im Bereich der Kulturpolitik und in für Chöre relevanten Themen und bot andererseits Anregungen für eine mögliche Durchführungsstrategie einer Diskussionsveranstaltung. Ein Leitfaden mit hilfreichen Fragen für die Planung, Organisation und Durchführung einer Podiumsdiskussion ist hier zu finden: Leitfaden zur Durchführung einer Podiumsdiskussion [pdf]
Um eine größere Öffentlichkeit anzusprechen und entsprechende Synergieeffekte zu erreichen, wurde die Veranstaltung in den Rahmen des Chorfestivals zum 100. Geburtstag des Verbandes Deutscher KonzertChöre (VDKC) gestellt.
VDKC-Präsident Prof. Dr. Ekkehard Klemm begrüßte die eingeladenen Vertreter*innen aus der Musik- und Chorszene sowie das Festivalpublikum und führte in die Fragestellungen der Diskussion ein: Wie wird die allgemeine Situation der Chormusik bewertet? Welche Herausforderungen und Ansprüche existieren im Musikleben und welche Auswirkungen ergeben sich daraus für die Chormusik und Amateurchöre? Darüber hinaus thematisierte Klemm die Fragen, welche Probleme und Aufgaben es in der Ausbildung an den Musikhochschulen und Musikschulen gibt und welcher Reformbedarf in dieser Hinsicht besteht. Außerdem sollte diskutiert werden, was Musikmanagement und Medien zur Wahrnehmung klassischer Musik beitragen können, welche Aufgaben den Verbänden und ehrenamtlich Verantwortlichen zukommen und wie diese, im besten Fall unbürokratischer, unterstützt werden können.
Moderator Claus Fischer, freier Journalist aus Leipzig, stellte anschließend das Podium vor, das aus Prof. Judith Mohr (Dirigentin, Vorsitzende des Künstlerischen Beirats des VDKC, Professorin an der Universität der Künste Berlin), Dr. Charlotte Seither (Komponistin, Mitglied im GEMA-Aufsichtsrat und im Präsidium des Deutschen Musikrats), Prof. Hans-Christoph Rademann (Dirigent, Akademieleiter der Internationalen Bachakademie Stuttgart, Leiter des Dresdner Kammerchors, Professor für Chordirigieren an der Musikhochschule in Dresden) sowie Prof. Michael Maul (Musikwissenschaftler, Autor und Intendant des Leipziger Bachfestes) bestand.

am 10. Mai 2025 (Ina Mecke)
Die Situation der Chormusik in Deutschland
Im Hinblick auf die Frage, inwiefern Chormusik junge Leute erreiche, schätzte Prof. Judith Mohr die Situation an vielen Stellen vielversprechend ein, die auf Studierendenebene oder danach stattfänden. Der geringe Anteil an Musikunterricht in manchen Bundesländern sei hingegen eine gefährliche Entwicklung. Auch Prof. Michael Maul als Musikwissenschaftler betrachtete den mangelnden Musikunterricht an Schulen kritisch.
Claus Fischer thematisierte außerdem die durch den VDKC initiierte Aufnahme der „Chormusik in deutschen Amateurchören“ in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes und inwiefern diese bedroht sei. Die Lage bezeichnete Prof. Hans-Christoph Rademann als vielschichtig und sprach unter anderem die Bedrohung im Bereich Kirchenmusik aufgrund finanzieller Engpässe und Überalterung an. Neben strukturellen Problemen im Chorbereich gebe es aber auch positive Entwicklungen im Chorwesen, deren Relevanz in der Gesellschaft weiter etabliert werden müsse. Prof. Ekkehard Klemm ergänzte, dass der Antrag des VDKC auf die Aufnahme in das Verzeichnis des Immaterielle Kulturerbes nicht aus einem Gefühl der Bedrohung gestellt worden sei, sondern um in bedrohten Situationen – wie in der Corona-Zeit – besondere Maßnahmen ergreifen zu können. Als eine der positiven Entwicklungen im Bereich der Hochleistungschöre nannte Moderator Fischer den neugegründeten Mädchen-Chor in Windsbach. Dr. Charlotte Seither begrüßte diese Entwicklung als „sehr gutes Signal“, hätte sich den Zugang für Frauen zu professioneller Musikausbildung allerdings schon früher gewünscht.
Relevanz der Chormusik in die Gesellschaft bringen
Im weiteren Verlauf des spannenden Podiums wurde unter anderem darüber diskutiert, wie es gelingen kann, die Relevanz der Chormusik in die Gesellschaft zu bringen. Hier wurden als Lösungsansätze, unter anderem von Prof. Rademann, angebracht, Live-Konzerte zu priorisieren, schon bei den Kindern zu starten, Interesse zu wecken und mit Chormusik Inhalte und Botschaften zu vermitteln. Prof. Judith Mohr betonte dahingehend die Bedeutung, Verbindung zwischen den Hochschulen und allem außerhalb zu schaffen. Dr. Charlotte Seither hielt es zudem für wichtig, in dieser Hinsicht keine Kontraste und Konflikte zu scheuen.
Zusammenfassend bestehen die aktuellen Aufgaben der Verantwortlichen darin, den Spagat zwischen professionellen Musiker*innen und Laienchören zu bewältigen, die Relevanz der Chormusik in der Gesellschaft zu stärken und dabei den Nachwuchs nicht aus den Augen zu verlieren. Die Rolle der Verbände könnte dabei sein, Unterstützung zu leisten, eine Stimme – auch politisch gedacht – für die Chormusik zu sein und sowohl Chorsänger*innen als auch das Publikum zu motivieren.
Alle weiteren Inhalte der Diskussion lassen sich im Mitschnitt der Podiumsdiskussion vom 10. Mai 2025 hier nachhören:
Weiterhin hat der VDKC aus der Podiumsdiskussion eine Interviewreihe mit weiteren interessanten Anregungen und Impulsen entwickelt, die hier nachzulesen ist: CHORizonte: Reflektionen zur Chormusik des 21. Jahrhunderts.
Der VDKC bedankt sich herzlich bei den Podiumsgästen und Moderator Claus Fischer für das Engagement und die spannenden Perspektiven auf die aktuelle Situation der Chormusik in Deutschland!
Carolina Ihlenfeld
28.08.2025