Strahlende junge Stimmen aus Riga, Belgrad und Altensteig vor Goethes Haustür zu Gast
Im April 2024 fand das 5. Internationale Kinder- und Jugendchorfestival der schola cantorum weimar statt.
„Ein Lied kennt keine Grenzen“ lautet ein Sprichwort aus dem Balkan. Unter diesem Motto hatte die schola cantorum weimar bereits zum fünften Mal zu ihrem Internationalen Kinder- und Jugendchorfestival „StimmenKlangRaum“ in die Stadt der Dichter und Denker geladen, um junge Sängerinnen und Sänger aus Deutschland und Europa zusammenzubringen und ihnen eine Bühne zu bieten.
Unter der Schirmherrschaft des Weimarer Oberbürgermeisters Peter Kleine empfing die schola cantorum weimar dieses Jahr abermals hochkarätige Kinder- und Jugendchöre: Der preisgekrönte Mädchenchor der 6. Mittelschule Riga war unter seiner Leiterin Inta Godiņa angereist, ebenso der mehrfach ausgezeichnete Belgrader Chor der Musikschule „Petar Konjović“ unter Milica Tišma. Wolfgang Weibles renommierter Christophorus-Kinderchor Altensteig rundete die diesjährige Gästeliste ab. Rund 400 junge Sängerinnen und Sänger zählte das Festival, die an diesem Wochenende die Stadt zum Klingen brachten.
Drei Tage voller Musik standen auf dem Programm. Drei Tage, an denen gemeinsam geprobt, konzertiert und gefeiert wurde. Eröffnet wurde das diesjährige Festival durch Oberbürgermeister Peter Kleine und ein Konzert in der Weimarer Herderkirche. In der ehrwürdigen Atmosphäre dieser Bach-Kirche präsentierten sich die Gastchöre sowie der Jugendkammerchor und der Mädchenchor der schola cantorum weimar mit einer Auswahl ihrer Konzertprogramme. So interpretierte der Mädchenchor der schola cantorum weimar unter Chorgründerin und künstlerischer Leiterin Cordula Fischer an diesem Abend ausgewählte Sätze aus Wolfram Buchenbergs „Sieben Zaubersprüche“, während Sebastian Göring und sein Jugendkammerchor ihren Fokus u. a. auf Werke aus Renaissance und Frühbarock von Costeley und Wilbye legten. Wolfgang Weible wiederum setzte mit seiner Programmauswahl auf Gegensätze und schlug einen Bogen von Schütz und Hammerschmidt hin zur Chorliteratur der Gegenwart und Werken wie das israelische „Ha’azina Elohim tfi la ti“. Inta Godiņas Mädchenchor strahlte klanglich u. a. mit Chorliteratur zeitgenössischer lettischer Komponistinnen und Komponisten, darunter Ilze Arne und Romāns Grantovski. Den Abend rundete der Auftritt des Chors der Musikschule „Petar Konjović“ ab. Unter Milica Tišma verabschiedete der Chor in farbenfroher Chorkleidung das Publikum mit serbischer Chorliteratur, darunter Stevan Stojanovic Mokranjacs „Mala Rukovet“ und Dejan Despics „Slovo B“.
Für den Hauptkonzerttag hatte die schola cantorum weimar die Weimarhalle ausgewählt. Den Auftakt gaben die Vorbereitungs- und Nachwuchschöre nachmittags mit Hans Sandigs „Besuch im Zoo“ unter Cordula Fischer. Mit viel Liebe zum Detail hatte Regisseur Vincent Kresse den Zoospaziergang szenisch und choreographisch mit den Kindern gestaltet, was die spielfreudigen Sängerinnen und Sänger begeistert auf der Bühne umsetzten. Chorleiterin Marijke Meerwijk hatte wiederum die Vorbereitungschöre einstudiert und unterstützte die kleinen Sängerinnen und Sänger szenisch während der Vorstellung.
Am selben Abend fand auch das große Festivalkonzert statt. Unter der Leitung Cordula Fischers eröffnete der Kinderchor den Abend und überzeugte mit klanglicher Dichte, Textverständlichkeit und facettenreicher Dynamik. Ob mit „Vois sur ton chemin“ oder „Cerf-volant“ aus dem Film „Die Kinder des Monsieur Mathieu“: Den aufeinander eingespielten Sängerinnen und Sängern war ihre Freude am Singen hier ebenso anzumerken wie bei Eva Ugaldes „Cubanita“ oder dem malaysischen Volkslied „Wau Bulan“.
Dem Kinderchor folgte der serbische Chor „Petar Konjović“ auf die Bühne. Bereits beim Eröffnungskonzert hatten die jungen Sängerinnen und Sänger mit ihrer musikalischen Energie gefallen. In weiteren Werken serbischer Komponisten wie Marko Tajcevi oder Dusan Pokrajcic stellten sie ihr Können abermals unter Beweis. Der Christophorus-Kinderchor Altensteig wiederum bestach durch schlichte Klangschönheit sowie Präzision und Ausdruckskraft. Mit seiner Programmauswahl und Werken wie Marcos Leites „Dekeke“ oder Jim Papoulis’ „Kusimama“ demonstrierte der Chor nicht nur seine stilistische Vielseitigkeit, sondern auch musikalische Flexibilität. Der Mädchenchor der 6. Mittelschule Riga und seine Leiterin Inta Godiņa hatten sich für weitere Chorliteratur lettischer Komponistinnen und Komponisten entschieden und interpretierten zeitgenössische Werke u. a. von Artũrs Sebris, Mārtiņš Brauns oder Laura Jēkabsone. Vor allem mit ihren lyrischen Bögen und strahlender Höhe begeisterten die Sängerinnen das Publikum. Einen weiteren Akzent setzte Sebastian Göring an diesem Abend mit dem preisgekrönten Jugendchor der schola cantorum weimar. Die Auswahl der Werke brachte dabei die klanglichen Vorzüge des Chores voll zur Geltung. Ob Barockkomponist Wolfgang Carl Briegels „Es war ein Mensch, der ging von Jerusalem hinab gen Jericho“ oder Katerina Gimons „Fire“: Mit stilsicherer Leichtigkeit brachte der Jugendchor die Werke farbenreich zum Klingen. Für sein Arrangement von Curt Cobains „Come as you are“ und seine rockige Interpretation erhielten der Jugendchor und Sebastian Göring zusätzlichen Applaus.
Beschlossen wurde dieser hochkarätige Abend mit vier Werken, die alle Chöre gemeinsam auf der Bühne vereinten. Der satte Chorklang der rund 300 Sängerinnen und Sänger, die mit Rutters „Look at the world“, Milankovićs „Srbija“ und Ķirsis „Vienkāršas lietas“ den Saal erfüllten, sorgte für Gänsehautmomente und stehende Ovationen. Mit „Rock around the clock“ entließ Cordula Fischer unter großem Beifall das begeisterte Publikum in diesen Samstagabend.
Der letzte Festivaltag bot bei strahlendem Sonnenschein die perfekte Kulisse für die Open-Air-Kurzkonzerte der Chöre in der Weimarer Altstadt. Mit einem letzten gemeinsamen Auftritt auf dem Frauenplan gegenüber Goethes Wohnhaus verabschiedeten sich die Chöre unter tosendem Applaus von ihrem begeisterten Publikum und einem gelungenen Festival.
Ein besonderer Dank geht an die Thüringer Staatskanzlei und den Amateurmusikfonds des Bundesmusikverbandes Chor & Orchester.
Annika Rioux
30.10.2024