Stadtsingechor zu Halle

Chorporträt
Von den Wurzeln bis zum Ende des 18. Jahrhunderts
Die Wurzeln des Stadtsingechores zu Halle reichen bis in das Jahr 1116 zurück, als vor den Toren der Stadt das Augustiner-Chorherrenstift Neuwerk gegründet wurde. Seit dieser Zeit lebt in Halle die Verbindung gleichzeitiger schulischer und musikalischer Ausbildung von Knaben. Im Zuge der Reformation schlossen sich 1565 die Pfarrschulen der Stadt zum lutherischen Gymnasium zusammen. Dessen Schulchor, der später Stadtsingechor genannt wurde, hatte die Aufgabe, in den Gottesdiensten der drei Hauptkirchen (Unser Lieben Frauen, St. Ulrich und St. Moritz) kunstvolle mehrstimmige Musik aufzuführen, den Choralgesang der Gemeinde zu unterstützen und täglich vor den Häusern der Einwohner zu singen.
Im 17. und 18. Jahrhundert musizierte der Stadtsingechor regelmäßig unter herausragenden Kantoren und Organisten wie Samuel Scheidt, Friedrich Wilhelm Zachow, dem Lehrer Georg Friedrich Händels, und dem Bach-Sohn Wilhelm Friedemann.
19. und 20. Jahrhundert
Nach der Auflösung des lutherischen Gymnasiums übernahmen die Franckeschen Stiftungen 1808 den Stadtsingechor. Zum ersten Chordirektor wurde Daniel Gottlob Türk ernannt. Nach ihm prägten besonders Johann Friedrich Naue und Carl Adolf Haßler die Entwicklung des Stadtsingechores im 19. Jahrhundert. Mit Karl Klanert unternahm der Stadtsingechor in den 1920er Jahren seine erste Auslandsreise. Nach dem Zweiten Weltkrieg gelang Richard Doell 1945 ein Neubeginn, den Alfred Zimmer unter schwierigen kulturpolitischen Bedingungen fortzuführen versuchte. Von 1968 bis 1990 formte Dorothea Köhler den Chor zu einem über die Region hinaus anerkannten Ensemble. Nach der politischen Wende sorgten unter anderem Gothart Stier und Frank-Steffen Elster für eine Neuausrichtung des Stadtsingechores.
Der Stadtsingechor heute
Seit 2014 ist Clemens Flämig Chordirektor. Bis heute ist der Chor in den Franckeschen Stiftungen zu Hause. In städtischer Trägerschaft singen ca. 70 aktive Sänger und 30 Aspiranten als Kultur- und Bildungsbotschafter Halles. Bei entsprechender Eignung haben die Jungen die Möglichkeit, ab der fünften Klasse in den Musikzweig der Latina „August Hermann Francke“ aufgenommen zu werden.
Im Zentrum der Chorarbeit steht die Pflege geistlicher Musik, insbesondere von Werken der mitteldeutschen Musiktradition. In diesem Kontext ist auch die regelmäßige Gestaltung von Motetten in der Marktkirche zu Halle zu sehen. Insgesamt ist der Stadtsingechor jährlich in etwa 30 Konzerten und Auftritten in Halle, in der Region sowie im In- und Ausland zu erleben.
Partnerschaften und Kooperationen mit anderen Knabenchören sowie mit halleschen Ensembles fördern die musikalische Entwicklung des Stadtsingechores. Eine kontinuierliche Zusammenarbeit verbindet den Chor mit dem Händelfestspielorchester und der Staatskapelle Halle. Jährlich wirkt der Stadtsingechor bei den Händel-Festspielen Halle mit.
Konzertreisen führten den Stadtsingechor in den letzten Jahren durch Deutschland, in verschiedene Länder Europas, nach China und in die USA. Im Januar 2018 folgte der Chor einer Einladung in den Vatikan, wo er unter anderem einen vom Papst zelebrierten Gottesdienst musikalisch mitgestaltete. Auf Einladung der königlichen Sängerknaben Escolania del Escorial reiste der Stadtsingechor im August 2019 nach Spanien. Im Juni 2022 war er in der Schweiz mit Konzerten bei der Knabenkantorei Basel, den Singknaben Solothurn und dem dortigen Mädchenchor zu Gast.
Der Stadtsingechor ist Mitglied im Verband Deutscher Konzertchöre (VDKC).